Stellungnahme & Positionspapier
Große Verunsicherung bei Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes: Einige Krankenkassen stellen Kostenübernahme der Kindergarten- und Schulbegleitung ein
Berlin, 6. November 2023
Durch eine Änderung von Richtlinien und Gesetzesgrundlagen könnten Familien den zuvor hart erkämpften Anspruch auf Kostenübernahme der Behandlungspflege verlieren. Denn kaum bemerkt von der Öffentlichkeit, setzt der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA, der die Leistungen der Krankenkassen regelt, die Nummer 24 seiner Richtlinie zur Häuslichen Krankenpflege zum 1. November außer Kraft. In der Nummer 24 ist die „spezielle Krankenbeobachtung“ geregelt. Diese ist neben der Blutzuckerkontrolle und der Verabreichung von Insulin Hauptaufgabe der Personen, die Kinder mit Diabetes in Kindergarten oder Schule begleiten. Sie sollen das Kind beobachten und im Fall einer Unterzuckerung schnell eingreifen. Inzwischen haben schon mehrere Krankenkassen die Eltern darauf hingewiesen, dass die Rechtsgrundlage für die Begleitperson entfällt und die Einstellung der Leistung ab 1. November angekündigt.
Wie können Eltern jetzt richtig handeln?
Die „spezielle Krankenbeobachtung“ ist jetzt Teil der „außerklinischen Intensivpflege“ (AKI) nach § 37c SGB V.
Eltern müssen gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin bei der Krankenkasse einen Antrag auf AKI stellen. Der Arzt verwendet dazu die Formulare 62b und 62c (Kassenärztliche Bundesvereinigung).
„Vorteilhaft wird es sein, wenn die Verordnung ausführlich begründet wird und der Kindergarten bzw. die Schule schriftlich bestätigen, dass die Beobachtung des Kindes ohne zusätzliches Personal nicht erfüllbar ist“, konstatiert DDF-Sozialreferent Reiner Hub.
„Sollte die Krankenkasse den Antrag ablehnen, dann ist ein Widerspruch empfehlenswert. Alternativ wird man mit Verweis auf den ablehnenden Bescheid der Krankenkasse versuchen können, beim Sozialamt einen Antrag auf Eingliederungshilfe zu stellen.
Ebenfalls mit ärztlicher Begründung und Bestätigung von Kindergarten oder Schule“, zeigt Hub mögliche Wege aus der Misere auf.
Patientenvertreter fordern umgehende Änderungen
In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur außerklinischen Intensivpflege (AKI) findet Diabetes keine Erwähnung.
„Ein themenbezogener Patientenvertreter Diabetes wurde bei den Beratungen im G-BA nicht hinzugezogen. Es scheint, als wurden die Kinder mit Diabetes schlichtweg vergessen“, bringt Elke Brückel, DDF-Koordinatorin Patientenvertretung, ihre Verärgerung zum Ausdruck. Eine Vielzahl weiterer Patientenorganisationen hat ihren Unmut über die jüngsten Kürzungen und Veränderungen in einer Protestnote formuliert.
Die DDF schließt sich dem Positionspapier „Die Sicherstellung der Versorgung von Menschen mit Bedarf an außerklinischer Intensivpflege“, an, siehe Anhang.
Verweise:
Eine Einordnung zum Thema nimmt DDF-Sozialreferent Reiner Hub auf der Internetseite von Diabetiker Baden-Württemberg vor
https://www.diabetiker-bw.de/news/news/detail/kindergarten-und-schulbegleitung-alles-neu/
Statusinformationen zum Austausch mit den Krankenkassen finden Interessierte auf der Homepage von Diabetiker Niedersachen
https://www.diabetiker-nds.de/news/meldung/news/vom-gesetzgeber-vergessen-kinder-mit-diabetes-typ-1-ab-1-november-ohne-schulbegleitung
Anhang:
Positionspapier der Patientenvertreter „Die Sicherstellung der Versorgung von Menschen mit Bedarf an außerklinischer Intensivpflege“, vom 19. September 2023
VERFASSER der Stellungnahme
Reiner Hub, Projektleiter Arbeitskreis Soziales der Deutschen Diabetes-Föderation e.V. (DDF),
Elke Brueckel, DDF-Koordinatorin Patientenvertretung,
Elke Spaeth, Pressereferentin der DDF
Datum der Veröffentlichung: 07. November 2023
Bild: iStockphoto, Vuk Saric